Zweite Periode (1833–1932)
Bibliothekare
1833 war das Jahr der Professionalisierung der bibliothekarischen Arbeit; an der Spitze der Universitätsbibliothek Leipzig stand von nun an und mit Ernst Gotthelf Gersdorf als erstem Amtsinhaber ein Vollzeitbibliothekar, nicht mehr ein Professor, der das Amt im Nebenberuf ausübte. Übrigens vollzog sich diese Professionalisierung an anderen Orten erst später; die Bibliotheksstatuten in Breslau (1815), Bonn (1819) und Halle (1823) forderten beispielsweise noch Universitätslehrer als Bibliotheksleiter, manchmal sogar auch als Kustoden.
Ernst Gotthelf Gersdorf (1804–1874, Amtszeit 1833–1874) kam als Bibliothekar aus Dresden und gilt als Schüler F. A. Eberts, er wurde später eher als Historiker bekannt; den Abschluss der wichtigen Katalogisierungsarbeit in Leipzig, die in einer Gesamtneukatalogisierung zwischen 1813 und 1824 bestand, überließ er dem eigens als "Ephorus" (d. i. ein Spezialbetreuer) eingestellten Philosophen Gustav Hartenstein (1808–1890), der 1848 als amtierender Rektor beschloss, sich selbst dieser zentralen Aufgabe zu widmen, und der den Nominalkatalog (heute 927 Kapseln) 1858 auf den Weg brachte, sowie den Realkatalog betreute, der 1865 in 142 Bänden vorlag (heute 319 Bände mit 120 Sachgruppen).
Unter dem Orientalisten Ludolf Krehl (1825–1901, Amtszeit 1874–1892) fand dann der Umzug der Universitätsbibliothek von der Paulina zur Albertina statt. Sein Nachfolger Oskar von Gebhardt (1844–1906, Amtszeit 1901–1906) brachte die Handschriftenkatalogisierung entscheidend voran. Karl Boysen (1852–1922, Amtszeit 1906–1921) initiierte die Mitarbeit der UBL am Preußischen Gesamtkatalog; auch setzte er sich Plänen entgegen, die UBL mit der Deutschen Bücherei zu vereinigen.
Otto Glauning (1876–1941, Amtszeit 1922–1937) war zugleich Professor für Bibliothekswissenschaft an der Universität. Er begann ab 1930 einen neuen alphabetischen Katalog, dessen Titelaufnahmen ab 1930 nach den Preußischen Instruktionen angelegt wurden. Vorarbeiten für eine neue Systematisierung als Ersatz für den seit den 1850er Jahren geführten Realkatalog fallen ebenfalls in Glaunings Zeit (das neue System trat 1940 in Kraft). Unter Glauning fällt auch die Aufstockung der Bibliothekskräfte im mittleren Dienst, deren Zahl er von 5 auf 15 brachte: Sie waren damit ebenso viele wie die wissenschaftlichen Bibliothekare.
Erwerbung
Die Universitätsbibliothek Leipzig wurde von Anfang an sowohl von Professoren als auch von Studierenden benutzt, selbst wenn sich Belege für entsprechende Aktivitäten nicht immer erhalten haben. Allerdings weiß man mit Ausnahme einzelner, eher anekdotenhaften Geschichten wenig über die effektive Nutzung. Beispielsweise sind Leihvorgänge nur ganz sporadisch dokumentiert. Aus Verwaltungsakten und diversen Schreiben wird klar, dass die Benutzung bis ins 19. Jh. hinein aus drei wesentlichen Gründen schwach blieb: die Bestände umfassten wenig aktuelle Literatur, sie waren kaum durch umfassende Kataloge recherchierbar und die Aufstellung der Bücher förderte ihre Benutzbarkeit vor Ort nicht. In allen Punkten vollzog sich nach 1833 eine radikale Wandlung, die innerhalb weniger Jahrzehnte dazu führte, dass die Universitätsbibliothek Leipzig zu einem der größten Institute ihrer Art in Deutschland wurde.
Das Bestandswachstum während des 19. Jh.s war ganz erstaunlich. Zählte die Universitätsbibliothek Leipzig zu Anfang des Jahrhunderts noch zum Mittelfeld der deutschen Bibliotheken – sie war kleiner als die Universitätsbibliotheken in Ingolstadt, Freiburg i. Br., Erlangen, Altdorf, Frankfurt a. d. O., Basel, Greifswald und selbst kleiner als die Ratsbibliothek in Leipzig und manche private Sammlung dort –, so hatte sie am Ende des Jahrhunderts deutschlandweit eine Spitzenstellung inne. Zwei wesentliche Faktoren waren für diese rasche Vermehrung verantwortlich: zahlreiche Schenkungen bzw. Käufe ganzer Bibliotheken und ein regelmäßiger Erwerbungsetat.
Das Bestandswachstum durch Schenkungen und Käufe wurde im 19. Jh. entscheidend und erweiterte den Literaturbestand auf vielen Sachgebieten. Beispiele für die nicht abreißenden Aufnahmen wissenschaftlicher Literatur sind im Bereich des Rechts die Übernahme der Bibliothek des Leipziger Schöppenstuhls (1835, 5.000 Bände) und die Sammlung juristischer Dissertationen des Stadtrats P. Leplay 1850, im Bereich Botanik die Sammlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Leipzig (1851), des Botanikprofessors Gustav Kunze (1851, 2.400 Bände) und des Gutsbesitzer und Sammlers Rudolf Benno von Römer (1871, wertvolle Drucke 16.–19. Jh.). Mathematik und Astronomie wurden verstärkt durch die Bücher von Johann Jakob von Uckermann (1836, 7.800 Bände), Orientalia und Theologie durch die Privatsammlungen der Universitätsprofessoren Ernst Friedrich Rosenmüller (1840, 2.500 Bände) und Konstantin Tischendorf (1845, Handschriften des orientalischen und griechischen Kulturraums) sowie des berühmte Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall (1857, 9.700 Bände). Das jedoch sind alles nur Beispiele.
In den meisten Fällen setzten sich Wissenschaftler und Bibliothekare aktiv dafür ein, bestimmte wertvolle Sammlungen und Stücke nach Leipzig zu holen. So sind auch die berühmten Preziosen in die Universitätsbibliothek gelangt, wie etwa der Codex Sinaiticus (1843), die Sammlung Refaiya (1853), der Papyrus Ebers (1873), Salomon Hirzels Goethe-Sammlung (1877) und die Autographensammlung von Georg Kestner (1892). Auch institutionelle Verbundenheit führte zum Bestandswachstum, wenn beispielsweise ehemalige Bibliothekare wie Beck ihre Sammlungen hinterließen (1835, 18.000 Bände). Am Ende des Jahrhunderts war es manchen sogar eine Ehre, der Bibliotheca Albertina Bücher anzutragen; beispielsweise nahmen viele Verleger das Universitätsjubiläum 1909 zum Anlass, ihre Produktion der Universitätsbibliothek zu offerieren – nachdem frühere Selbstverpflichtungen nicht durchgehalten worden waren.
Die Geschichte der Eingliederung wissenschaftlicher Spezialbestände und damit auch der bedeutenden rückwärtigen Erweiterung der an der Universitätsbibliothek zur Verfügung stehenden Literatur muss in allen einzelnen Etappen noch genauer beschrieben werden, unbestreitbar aber spiegelt sich in der Qualität des kulturhistorischen Materials – das übrigens neben Papyri, Pergamentund Papierhandschriften auch Münzen, Ostraka und Bildnisse umfasste – der hohe Rang der Leipziger Universität und ihrer Wissenschaftler. Diese wiederum legten als akademische Lehrer Wert auf weitgehende Aktualität der Literaturversorgung in allen Fächern, wofür der Erwerbungsetat verwendet wurde, den die Universitätsbibliothek ab 1821 zunächst in der Höhe von 400 Talern vom Ministerium verlässlich zugewiesen bekam.
Der Etat steigerte sich im Laufe des 19. Jh.s. So erwarb die Universitätsbibliothek Leipzig in den 1830er und 1840er Jahren durchschnittlich 2.260 Bände pro Jahr, in der zweiten Jahrhunderthälfte waren es im Schnitt 10.460. Damit nahm Leipzig die erste Stelle unter den deutschen Universitätsbibliotheken ein, vor den Bibliotheken in Heidelberg, Göttingen, München, Tübingen und Bonn. Genaue Zahlen lassen sich nur schwer eindeutig nennen, weil oft die Summen unterschiedliche Kosten abdeckten. So waren in den 3.000 Talern, die in Leipzig um 1850 zur Verfügung standen, Ausgaben für Einband (400 Taler), Katalogpapier (300 Taler) und Heizung (150 Taler) mitenthalten. Am Ende des 19. Jh.s aber war Leipzig, wie die Erwerbungszahlen verraten, überdurchschnittlich gut ausgestattet. Während der Etat der deutschen Universitätsbibliotheken 1893 durchschnittlich 21.500 Mark betrug, lag er in Leipzig bei knapp 40.000 Mark; im Jahre 1908 lag der Durchschnitt bei 32.300 Mark, in Leipzig bei über 60.000 Mark. Damit konnten auf allen Wissensgebieten die meisten neuen Titel erworben und viele wichtige Zeitschriften gehalten werden.
In den Bestand wurden 1930 als Dauerleihgaben auch die Bibliotheken der beiden Leipziger Hauptkirchen, St. Thomas und St. Nikolai, übernommen. (Unter den Büchern der Thomaskirche wurde 2006 ein Fragment der niederdeutschen "Heliand"-Dichtung aus dem 9. Jh. entdeckt: Es hatte als Einband eines im frühen 17. Jh. gebundenen Logik-Traktats Verwendung gefunden. Die Entdeckung zeigt, wie wichtig der Einsatz kundiger Bibliothekare für die Pflege des Altbestands ist.)
Katalogisierung
Mit dem Schwinden der alten Praxis des Studiums ging im Zuge der modernen Nutzung auch die alte Funktion der Universitätsbibliothek als Anstalt der Sammlung und Bewahrung unter: "Da an der Universität nur gelehrt wurde und außer bei Promotionen keine Prüfungen abgenommen wurden, strebten die wenigstens Studenten die [...] rege Benützung der Bibliotheken an." Im 16. und 17. Jh. wurde diktiert, im 18. Jh. produzierten die Professoren Handbücher (Kompendien) für Vorlesungen, und bis dahin wurden auch Dissertationen meist von den Lehrenden geschrieben und von den Studierenden lediglich verteidigt: Aufs Ganze gesehen, blieb die Bibliothek beim Lehrbetrieb außen vor. Das änderte sich grundlegend in der zweiten Periode.
Im Jahr 1833 erhielt die Universitätsbibliothek Leipzig eine neue Ordnung, die die Interaktion zwischen Lehre und Forschung einerseits und die selbständig gestaltete Bucherwerbung, Katalogisierung und Verfügbarmachung andererseits regelte. Im Paragraph 7 der vom "Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts" ausgefertigten Ordnung vom 3. April 1833 wird bestimmt, dass im Lesezimmer der Bibliothek ein "Desideratenbuch" und ein "Acceßionsbuch" ausgelegt werden. In das eine sollten die Dozenten ihre Wünsche schreiben ("ohne dass dadurch ein Recht begründet wird, die Anschaffung zu verlangen"), im anderen gab der Oberbibliothekar kund, was angeschafft worden war.
Durch die Regelung in den Paragraphen 8 und 9 wurde eine "Bibliothek-Commißion" eingesetzt, die aus 5 Professoren bestand (3 davon sollen von den Fakultäten für Theologie, Recht und Medizin gewählt werden, 2 von der Philosophischen Fakultät) und die die Anschaffungen kontrollierte und fiskalisch prüfte. Der Oberbibliothekar also handelte selbständig, aber in Grenzen, die ihm die Universität setzte. (Diese enge Zusammenarbeit besteht bis heute; mit der Zahl der Fakultäten ist die Mitgliederzahl der Bibliothekskommission gewachsen, die im Auftrag des Rektorats die Arbeit der Universitätsbibliothek prüfen soll.) Der in der zweiten Periode neue Gesichtspunkt der Benutzung kommt bereits in Paragraph 2 der Ordnung von 1833 zum Ausdruck, denn dort wird als eine der wichtigsten Aufgaben des Oberbibliothekars festgehalten, er habe "die Anlegung der Kataloge und Fortführung derselben zu besorgen".
Literatur muss nachgewiesen werden, um benutzbar zu sein, was in der ersten Periode nicht durchgängig der Fall war. Immer wieder wurden Katalogarbeiten abgebrochen, und das Gesamtverzeichnis von 1751 etwa im frühen 19. Jh. nicht mehr vervollständigt. In der zweiten Periode nun wurden neue Kataloge angelegt, deren Qualität schon daran abzulesen ist, dass sie bis in die erste Hälfte des 20. Jh.s fortgeführt wurden.
Es gab einen Gesamtkatalog mit einer sachlichen Gruppierung (sowohl der Bücher wie der Nachweise) und einer parallelen alphabetischen Erschließung. Der Realkatalog (d.h. Sachkatalog) wurde als Bandkatalog angelegt (geführt bis 1939), der Nominalkatalog (geführt bis 1929) enthielt pro Autor ein Blatt (bzw. mehrere Blätter bei produktiven Autoren) im Quartformat, die in Kapseln aufbewahrt wurden. (In der 1891 eingerichteten und seit 2002 restaurierten Auskunft der Bibliotheca Albertina können diese Nachweisinstrumente heute noch besichtigt und benutzt werden; ihre vollständige Aufnahme in den elektronischen Online-Katalog ist ein wichtiges Ziel für die Bibliotheksarbeit der nächsten fünf Jahre.)
Das Nachweisinstrument für den Bereich des gedruckten Wissens wurde ergänzt um Nachweise im Bereich der handschriftlichen Überlieferung. Nach einer langen Zeit der Vernachlässigung, die noch 1870 einen chaotischen Zustand der Handschriftenaufbewahrung in Leipzig konstatieren ließ, begann eine intensive Beschäftigung mit dem Bestand gegen Ende des Jahrhunderts. So erschienen ab 1898 die Beschreibungen der an der Universitätsbibliothek aufbewahrten zahlreichen Handschriften, zunächst der griechischen, gefolgt von denen in Sanskrit, den lateinischen, einigen deutschen und den orientalischen.
Zur Verbesserung der Benutzung gehört schließlich auch, dass die Erwerbungen innerhalb der Universität bekanntgegeben wurden, was in Leipzig durch das Akzessionsbuch im Lesezimmer geschah, sowie über die Unterrichtung der Bibliothekskommission durch den Oberblibliothekar. Andernorts ging man weiter und verschickte die entsprechenden Listen an die Professoren (Tübingen) bzw. publizierte sie in Zeitschriften (Göttingen); ab 1835 waren die preußischen Universitätsbibliotheken verpflichtet, Zuwachsverzeichnisse separat zu veröffentlichen, was jedoch nur mäßigen Erfolg hatte. Auch wenn in Leipzig ein kleines Lesezimmer zur Verfügung stand, das um 1850 etwa 5.000 Nachschlagewerke frei zugänglich anbot, wurden Bücher hauptsächlich ausgeliehen, nicht zuletzt wegen der knappen Öffnungszeiten. Die Entleihvorgänge in Leipzig steigerten sich von 1.709 im Jahr 1832 auf 5.382 im Jahr 1849 und 6.982 im Jahr 1856, was im Vergleich einen guten Schnitt darstellt.
Baugeschichte
Räumlich war die Universitätsbibliothek Leipzig seit ihrer Gründung an das Paulinum gebunden, später auch "Mittelpaulinum" genannt: gelegen inmitten des Campus zwischen Universitätsstraße und Augustusplatz, auf den hin sich das Hauptgebäude der Universität öffnete. Die für die Bücher verwendeten Geschosse wurden als Saalbibliothek genutzt, mit Regalen an den Wänden, später vermutlich auch an den im Saal verteilten Säulen. Die funktionale Nutzung des Gebäudeinnern für bibliothekarische Zwecke ist nicht gut belegt, es fehlen Textzeugen und Bilder, die eine genaue Vorstellung der bis 1890 dort zentrierten Büchernutzung geben.
Der Platzmangel wurde im frühen 19. Jh. eklatant, als die Bestandsvermehrung sich beschleunigte. Man verlegte 1835 die Universitätsbibliothek mit damals 60 bis 65.000 Bänden in das Augusteum, um 1846 in das inzwischen erweiterte und aufgestockte Paulinum zurückzuziehen. 1876 wurden die benachbarten Räume des Anatomischen Instituts der Bibliothek zugeschlagen, aber das war nur eine vorübergehende Abhilfe. Es folgte in den 1870er und 1880er Jahren eine heftige Diskussion um die richtige bauliche Lösung, die sich vor allem an der Standortfrage erhitzte. Am Ende setzte das Königlich Sächsische Kultusministerium in Dresden eine von keiner universitären Partei favorisierte Lösung durch, indem sie ein Gelände im Musikviertel für den Neubau bestimmte.
Mit dem 1887–1891 an der Beethovenstraße errichteten Neubau der Universitätsbibliothek konnten dann alle Platzprobleme im Magazin gelöst werden, zusätzlich machten Lesesäle mit 167 Arbeitsplätzen und ein dazu hinführendes zentrales Treppenhaus das Gebäude zu einer Dienstleistungsbibliothek, die nicht mehr nur der Aufbewahrung von Büchern, sondern vor allem der Nutzung durch Leser diente. Arwed Roßbach entschied den 1885 ausgelobten Wettbewerb für sich und stach damit 33 Mitbewerber aus. Radikal verschieden konnten die Entwürfe nicht sein, wie man etwa den erhaltenen Unterlagen der konkurrierenden Firma Hartel & Neckelmann entnehmen kann. Alle versuchten, der sehr detaillierten Ausschreibung gerecht zu werden. Auch war die zentrale Platzierung von Treppenhaus und Lesesaal in der zweiten Hälfte des 19. Jh.s üblich, großzügige Räumlichkeiten für das Magazin und (deutlich weniger großzügige) für die Bibliotheksmitarbeiter wurden ebenfalls in die Pläne gezeichnet und gebaut. Bündig hat die Philosophie der neuen Architektur ein Bibliothekshistoriker so formuliert: "Die um die Mitte des vorigen [19.] Jahrhunderts einsetzende Magazinierung der Bücherbestände durch Querstellung der Repositorien hat die Gesamtanlage des Bibliotheksgebäudes von Grund aus verändert. Benutzer- und Verwaltungsräume wurden ausgeschieden und erhalten ihre besondere Durchbildung."
Die Bibliotheca Albertina (benannt nach dem damals regierenden sächsischen König Albert) besaß eine maximale Kapazität von ca. 800.000 Bänden, die sie tatsächlich schon ca. 20 Jahre später erreichte. Sie war ein modernes Bibliotheksgebäude mit Aufzügen für Bücherwagen, brandhemmenden Eisentüren, einer im ganzen Gebäude durchgehaltenen Trennung öffentlicher und dienstlicher Bereiche, optimaler Beleuchtung durch Seitenlicht (durchgängig dank zweier Innenhöfe) und feuersicherer Abstände zu den umliegenden Gebäuden: Neues "Concerthaus" (erbaut 1884, abgerissen 1968, heute an dessen Stelle das Geisteswissenschaftliche Zentrum), Königliches Konservatorium für Musik (erbaut 1887, heute Hochschule für Musik und Theater), Königliche Kunstgewerbeschule und Baugewerkeschule (erbaut 1890, heute Hochschule für Grafik und Buchkunst). Die Baukosten beliefen sich auf 2,3 Millionen Reichsmark inklusive der Einrichtung (im Vergleich: das 1895 fertiggestellte Reichsgerichtsgebäude kostete 5,9 Millionen Reichsmark); die Einweihung des "Gesamtkunstwerks" fand am 24. Oktober 1891 statt.
Eine Reihe von Veränderungen wurden alsbald aufgrund praktischer Erfordernisse nötig, so der Einbau von Fahrstühlen, die Schaffung neuer Übergänge für den störungsfreien Buchtransport im Hause, die Einrichtung elektrischen Lichts in einigen Magazinen und Treppenhäusern (ursprünglich waren nur die öffentlichen Räume mit Gasbeleuchtung ausgestattet), sowie kleinere Umbauten von Funktionsräumen. In den 1920er Jahren wurden eine Galerie in den Lesesaal eingebaut, um die Handbibliothek des Lesesaals auf 10.000 Bände zu steigern, sowie der Zeitschriftenlesesaal neu angelegt, um dort 114 Arbeitsplätze zu schaffen. Bis 1935 wurde durch Umbauten im Magazinbereich die Kapazität von 800.000 (Vorgabe der Ausschreibung 1885) auf 1,4 Millionen Bände gesteigert. Die Neueinrichtung von Mitarbeiterräumen in den 1930er Jahren erzwang auch die Entfernung einiger Fassaden-Standbilder wie der von Gottfried Wilhelm Leibniz und Christian Thomasius, denn Nischen in den Seitenfassaden wurden zu Fenstern umgebaut.
Der entscheidende Nachteil des Neubaus war die Lage fernab des Hauptgebäudes der Universität. Aber erst 1923 wurde in Verbindung mit der von einem Verein betriebenen "Akademischen Lesehalle" an der Universitätsstraße dort eine Zweigstelle mit Bücherausgabe eingerichtet. Ein Bücherauto übernahm ab 1925 den Transport zur Bibliotheca Albertina und zurück.