Überarbeitung und Online-Publikation der Erschließungsergebnisse aus dem DFG-Projekt zur Neukatalogisierung der ehemals Donaueschinger Handschriften in der BLB Karlsruhe
Seit 1993 werden die Handschriften der Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek Donaueschingen in den Landesbibliotheken Karlsruhe und Stuttgart aufbewahrt. Der Bestand in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe umfasst dabei hauptsächlich deutschsprachige mittelalterliche Handschriften sowie germanistisch relevante Stücke des 18./19. Jh. Er zählt zu den bedeutendsten Sammlungen deutschsprachiger Literatur des Mittelalters.
Der Anteil von Handschriften, die mittelhochdeutsche Literatur überliefern, ist außergewöhnlich groß.
Dazu zählen neben der bekannten ‚Nibelungenlied‘-Hs. C (Don. 63) etwa der ‚Wasserburger Codex‘, in dem Rudolfs von Ems‚Willehalm von Orlens‘ mit religiöser Kleinepik und Heldenepik vereint ist (Don. 74; 2. Viertel 14. Jh.), die sog.‚Liedersaal‘-Hs. (Don. 104; um 1425), eine der umfangreichsten Sammlungen mittelhochdeutscher Kleinepik. Außerdem zahlreiche Handschriften nachklassischer Artusromane (Konrad von Stoffeln, ‚Gauriel von Muntabel‘, ‚Der Pleier‘, ‚Meleranz‘) und spätmittelalterliche Prosaromane (‚Melusine‘, Prosa-‚Lancelot‘, Werke Ulrich Fuetrers und Heinrich Steinhöwels). Auch geistliche Literatur ist im Bestand vertreten, etwa die aufwendig illustrierten Handschriften Don. 106 (‚Christus und die minnende Seele‘; um 1495) und Don. 120 (Hugo von Ripelin, ‚Compendium theologicae veritatis‘ / Meisterliedersammlung ‚Donaueschinger Liederhandschrift‘; um 1480/1490).
Der ehemalige Donaueschinger Handschriftenfonds ist aber nicht nur für die Text- und Überlieferungsgeschichte mittelhochdeutscher Literatur von großem Interesse, sondern auch für die frühneuzeitliche Rezeptions- und Bibliotheksgeschichte im südwestdeutschen Bereich. Mit der Bibliothek der Fürsten von Fürstenberg, die auf Graf Wolfgang (1465-1509) zurückgeht, und den historisch gewachsenen Büchersammlungen der Grafen von Zimmern und von Helfenstein bietet der Donaueschinger Bestand ein vielseitiges Abbild der literarischen Interessen süddeutscher Adelsgeschlechter in der frühen Neuzeit.
Ein besonders prominenter Teil der Fürstenbergischen Bibliothek ist seit 1855 die Handschriftensammlung Josephs von Laßberg. Laßberg, mittelalterbegeisterter Adliger und schillernde Persönlichkeit im Netzwerk der sich formierenden Altgermanistik des frühen 19. Jh., sammelte nicht nur Originalhandschriften, sondern besaß auch zahlreiche Abschriften mittelalterlicher Manuskripte, die sich heute ebenfalls in der BLB Karlsruhe befinden. Zusammen mit der umfangreichen Korrespondenz, die Laßberg mit wichtigen Vertretern der frühen Germanistik führte, beleuchten sie eine zentrale kultur- und forschungsgeschichtliche Phase der beginnenden Wiederentdeckung des Mittelalters.
In den Jahren 1998-2004 wurde ein Teil des Bestandes (110 Handschriften) im Rahmen eines DFG Projektes von Christoph Mackert und Wolfgang Runschke an der BLB Karlsruhe neu katalogisiert. Die Erschließungsergebnisse aus diesem Projekt werden mit Eigenmitteln der BLB Karlsruhe am Handschriftenzentrum der UBL durch Nicole Eichenberger überarbeitet, aktualisiert und über die Handschriftendatenbank Manuscripta Mediaevalia online zugänglich gemacht. Gleichzeitig erfolgt die Verknüpfung mit den Digitalisaten der Handschriften, die über die Homepage der BLB Karlsruhe bereitgestellt und über die Europeana weltweit angeboten werden.
Um eine inhaltlich abgeschlossene Handschriftengruppe präsentieren zu können, wurden einige zusätzliche Stücke neu erschlossen, die bislang nur über den maschinenschriftlichen Nachtrag zum Donaueschinger Handschriftenkatalog nachgewiesen waren. Weitere Beschreibungen in Eigenleistung der BLB Karlsruhe wurden durch Annika Stello und Ute Obhof erarbeitet und werden ebenfalls über Manuscripta Mediaevalia publiziert.