Buchkultur in Miniatur. Exlibriskünstler um 1900
Die Exlibris-Sammlung der UB Leipzig umfasst ungefähr 5.000 Buchbesitzzeichen. Sie setzt sich zum einen aus Exlibris zusammen, die aus den Büchern der Universitätsbibliothek herausgelöst wurden und zum anderen aus Privatsammlungen, die der Bibliothek geschenkt oder vermacht wurden. Es sind dies die Sammlungen von Hugo Rugenstein (1871–1927; Bibliothekar an der UB Leipzig), Johannes Felix (1859–1941; Paläontologieprofessor in Leipzig) und Hans Driesch (1867–1941; Philosophieprofessor in Leipzig). Während die herausgelösten Exlibris die Zeit vom 16. bis zum 20. Jahrhundert umfassen und einen Einblick in die Bibliotheksgeschichte bieten, beinhalten die aus Kunstinteresse entstandenen Privatsammlungen vor allem Stücke aus der Zeit um 1900.
In ihrer ursprünglichen Funktion als Buchbesitzzeichen zeigten die Exlibris die Wappen der Eigentümer oder beschränkten sich rein typographisch auf die Nennung ihres Namens. Erst ab dem 18. Jahrhundert begann man allmählich, die Exlibris künstlerisch zu gestalten. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts erlebte das Exlibris seine Blütezeit. Es etablierte sich als eigenes Genre der graphischen Kleinkunst und als beliebtes Sammelobjekt. Künstlerinnen und Künstler wurden mit der Schaffung von Exlibris beauftragt, welche nicht mehr in Bücher eingeklebt wurden, sondern als Tauschware für Exlibris-Liebhaber dienten, die sich in Tauschzirkeln organisierten.
Mathilde Ade wurde an der Münchner Kunstgewerbeschule und durch Privatunterricht ausgebildet. Ab 1895 arbeitete sie erfolgreich als Karikaturistin und Illustratorin bei verschiedenen Zeitschriften. Sie wurde mit vielen Aufträgen für Exlibris beauftragt, die sich durch ihre witzigen Bildideen auszeichnen. Krieg und Inflation beendeten ihre Karriere und eine sich verschlimmernde Augenerkrankung erschwerte ihre Arbeit zunehmend. Sie geriet in Vergessenheit und starb schließlich mit 76 Jahren.
Otto Ubbelohde (1867–1922) stammte aus Marburg und erhielt seine Ausbildung an der Münchner Akademie. In der bayrischen Hauptstadt lebte er bis 1900. Dann siedelte er nach Großfelden in der Lahnaue über, wo er im eigenen Atelierhaus (heute Ubbelohde-Museum) bis zu seinem Tode wirkte. Ubbelohde wurde besonders durch seine Illustrationen zu Grimms Märchen berühmt.
Lina Burger (1856–?) stammte aus Rückeroth im Westerwald. Ihre künstlerische Ausbildung erfuhr sie an der Schule des Berliner Kunstgewerbemuseums und in der Leipziger Mal- und Zeichenschule für Damen. Lina Burger lebte mit ihrem Ehemann Konrad Burger, Direktor der Bibliothek des Börsenvereins in Oetzsch (heute ein Teil Markleebergs). Sie arbeitete hauptsächlich als Buchgestalterin und Illustratorin für verschiedene Leipziger Verlage.
Lorenz Max Rheude (1863–1939), geboren und gestorben in München, studierte an der Münchener Akademie der Künste und verband sein lebenslanges Interesse für Heraldik und Ahnenforschung mit seiner künstlerischen Arbeit. In seinen über 350 Exlibris arbeitet er überwiegend mit heraldischen Motiven. Er war langjähriger Beirat des königlichen Reichsheroldamts in München.
Bruno Héroux (1868–1944) war Sohn eines Graveurs und besuchte die Leipziger Kunstakademie. Er arbeitete zunächst als Illustrator für wissenschaftliche Publikationen, das bedeutendste dieser Werke war der
Handatlas der Anatomie des Menschen, für den er ca. 700 Vorlagen entwarf. Die genaue Kenntnis der menschlichen Anatomie nutze Héroux für die Gestaltung seiner Exlibris und anderer Gebrauchsgraphik, die er etwa ab dem Jahre 1900 schuf. Er war einer der erfolgreichsten Exlibriskünstler der Buchkunst-
Ära. Ab 1903 lehrte er auch an der Königlichen Akademie für graphische Künste in Leipzig.